25-jähriges Jubiläum des Tiroler Hauses in Zillerthal-Erdmannsdorf
Ein besonderes Ereignis aus Zillertaler Sicht fand Ende September 2023 in Zillerthal-Erdmannsdorf, dem heutigen polnischen Mysłakowice, statt. Der ehemalige Rieser Hof heute Dom Tyrolski, feierte sein 25-jähriges Jubiläum der Wiedereröffnung durch die damalige Initiative des Vizebürgermeisters von Mayrhofen, Michael Stöckl. Der originale Zillertaler Streckhof war Anfang der 1990er dem Niedergang geweiht, und Michael Stöckl erwarb ihn mit großen Hindernissen von den polnischen Besitzern. Er restaurierte das Gebäude mit polnischen und Zillertaler Handwerkern und eröffnete den Tiroler Hof am 19. September 1998 unter großer Anteilnahme der Bevölkerung von Mysłakowice und den Gästen aus dem Zillertal.
Aus diesem Anlass fuhr eine Zillertaler Reisegruppe nach Mysłakowice, dem früheren Zillerthal-Erdmannsdorf. Im Kulturzentrum begrüßten die Vorsitzende der Landfrauen, Maria Stenzel, und der Bürgermeister Michal Orman als Organisatoren der zweitägigen Veranstaltung die Gäste aus dem Zillertal. Bürgermeister Orman wies in seiner Begrüßung besonders darauf hin, dass die Einwanderung der Zillertaler Protestanten 2022 bereits 185 Jahre her ist und das die Gemeinde Mysłakowice auch dieses Jubiläum in der heutigen Veranstaltung entsprechend würdige. Er begrüßte besonders die angereisten Nachfahren der Zillertaler Protestanten aus Deutschland. Bürgermeister Fritz Steiner aus Ramsau, Kulturreferentin Burgi Huber und Amtsleiter Wolfgang Stöckl sowie Schützenhauptmann Georg Huber aus Ramsau bedankten sich für den herzlichen Empfang.
Die Landfrauen hatten für diesen festlichen Begrüßungsabend ein hervorragendes, mehrgängiges Abendessen vorbereitet. Während des Essens spielten abwechselnd die polnische Gruppe „Sokoliki“ aus Mysłakowice und aus dem Zillertal die Bläsergruppe Tiroler Pilger Blech auf. Zum Schluss des offiziellen Teils ehrten der Bürgermeister Michal Orman und sein Stellvertreter Grzegorz Truchanowicz die offiziellen Vertreter des Zillertals Fritz Steiner, Dr. Wolfgang Stöckl, Burgi Huber, Georg Huber sowie Pfarrerin Andrea Petritsch, Pfarrer Edwin Pech und Helga und Horst Bast für ihre Mitarbeit bei der Organisation und der Pflege der polnischen und österreichischen Geschichte. Die gesamte Gruppe der Landfrauen von Mysłakowice wurde unter “Standing Ovations” ebenfalls für ihre Arbeit am heutigen Abend und für ihr Auftreten im Zillertal im Mai 2022 im Rahmen des Erasmus+ Programmes geehrt.
Am nächsten Morgen begrüßte Edwin Pech, der Pfarrer der Pfarrei Wang in Krummhübel (Karpacz) die Zillertaler Reisegruppe in der Kirche. Die Kirche Wang ist eine mittelalterliche norwegische Stabholzkirche aus Vang, die 1841 vom preußischen König Friedrich Wilhelm IV. erworben und in Krummhübel im Riesengebirge in Schlesien wieder aufgebaut wurde. Die evangelisch-augsburgische Kirche Wang ist die Nachfolgepfarrei der Zillertaler Protestanten von Zillerthal-Erdmannsdorf. Helga und Horst Bast hatten im Pfarrhaus für die Zillertaler eine besondere Überraschung. Sie baten Pfarrer Edwin Pech den Staatsakt der Auswanderung der Zillertaler Protestanten von 1837 den Gästen zu zeigen. Sie erklärten dazu, dass alle 416 Auswanderer mit je einem Originaltaufschein in diesem Buch beim Amtsgericht in Zell am Ziller erfasst wurden. Über die Hofburg in Wien gelangte der Akt nach Berlin und die Auswanderer wurden damit in Preußen aufgenommen. Alle Taufscheine wurden von den jeweiligen Dienststellen sorgfältig geprüft und gesiegelt.
Vor dem Tiroler Haus Lublasser in der Tiroler Straße in Zillerthal-Erdmannsdorf Mysłakowice berichteten Helga und Horst Bast über die Baugeschichte der Tiroler Häuser. Das Lublasser Haus ist durch seine Balkoninschrift das bekannteste und das am meisten fotografierte Haus in Mysłakowice. Die Inschrift lautet: „Gott segne den König Friedrich Wilhelm III.“. Danach wurden in unmittelbarer Nähe die Schlösser in Erdmannsdorf, Lomnitz, Schildau und Fischbach besucht und teilweise auch besichtigt.
Am Nachmittag trafen sich alle zum Ökumenischen Gottesdienst in der Kath. Pfarrkirche zu Mysłakowice. Der Einzug der Fahnenabordnung der Schützenkompanie Ramsau und der Gäste in die Kirche erfolgte zu den musikalischen Klängen durch die Bläsergruppe Tiroler Pilger Blech und der Orgel. Gestaltet wurde der Gottesdienst von Pfarrer Edwin Pech Kirche Wang, Pfarrerin Andrea Petritsch Ev. Kirche Jenbach und Prälat Mieczyslaw Betkowski. Weihbischof Piotr Wawrzynek aus Liegnitz begrüßte die Gäste auf Deutsch und Polnisch und erteilte zum Gottesdienstende den Segen.
Nach einem kurzen Fußmarsch mit der Fahnenabordnung der Schützenkompanie Ramsau unter dem Kommando von Schützenhauptmann Georg Huber erfolgte am Fleidl Denkmal im Vorhof des Schlosses Erdmannsdorf das Niederlegen der Blumengestecke durch die beiden Bürgermeister Michal Orman und Fritz Steiner. Horst Bast erläuterte den Zillertaler und Gästen in einer kurzen Beschreibung das Leben von Johann Fleidl, dem geistigen und politischen Anführer der Zillertaler Protestanten von 1837 und die Geschichte des Fleidl Denkmals.
Am Dom Tyrolski empfing der jetzige Besitzer und Gastwirt Marek Łopatka die Gäste vor dem Restaurant mit einem landesüblichen Getränk. Er wird auch in der Zukunft das Restaurant und das Museum im Sinne seines Vorgängers Michael Stöckl aus dem Zillertal fortführen. Im September 2023 ist es 25 Jahre her, dass Michael Stöckl den restaurierten Dom Tyrolski mit einer großen Feier eröffnete. Zum Jubiläum waren deshalb Zillertaler und auch Nachfahren der Auswanderer ins Hirschberger Tal nach Mysłakowice gekommen um das Jubiläum entsprechend zu feiern. Bürgermeister Fritz Steiner bedankte sich bei seinem Amtskollegen aus Mysłakowice Michal Orman und überreichte ein Gastgeschenk aus dem Zillertal. Amtsleiter Dr. Wolfgang Stöckl dankte ebenfalls für die herzliche Gastfreundschaft und das gute Miteinander bei Michal Orman und lud ihn im Namen von Hans Jörg Moigg, dem Bürgermeister der Marktgemeinde Mayrhofen, der leider terminlich verhindert war, zu einer Bergwanderung mit der Mayrhofener Bergsteigerlegende Peter Habeler ins Zillertal ein. Das Übersetzen der jeweiligen Reden und Gespräche wurde von Patrycja Skórzecka während des Besuches der Zillertaler in hervorragender Weise durchgeführt.
Beim anschließenden Galadinner des Hausherrn Marek Łopatka mit schlesischen Spezialtäten und handgemachter Zillertaler Musik wurde bis in den späten Abend über Zillertal, Mysłakowice, die Zillertaler Auswanderer und auch über Privates miteinander gesprochen. Am Sonntagmorgen reiste die Zillertaler Gruppe aus dem Hirschberger Tal über Prag mit vielen neuen Eindrücken aus der ehemaligen Heimat der Zillertaler Auswanderer von 1837 zurück ins Zillertal.
© November 2023 - Helga und Horst Bast